Oberösterreich sucht nach Strategien um die Abwanderung aus den Stadtzentren zu verhindern, berichtet der Standard vom 7. Juni 2011. Gaby Pils, die Stadtmarketing-Chefin der oberösterreichischen Kleinstadt Enns
wird dort mit dem Ausspruch zitiert: „Die Stadt ist ein Produkt – wie ein Milchpackerl. Der Inhalt darf nicht sauer sein. Fühlt sich die Bevölkerung gut, fühlt sich der Besucher wohl“
Damit hat sie recht und unrecht zugleich. Die Stadt ist ein Produkt – ein Produkt des natürlichen und architektonischen Umfeldes und der sozialen Prozesse, die dort passieren. Wirtschaft, Kommunikation, Mobilität, all das bildet ein dichtes soziales Geflecht. Aber die Stadt ist keine Ware, die man verkaufen kann, soll oder muss, wie der Ausdruck „Stadtmarketing“ suggeriert. Mit einem Milchpackerl kann man sie deshalb nicht vergleichen.
Stadt ist Lebensraum, sie ist der Ort, wo Menschen arbeiten, wohnen, spielen, lernen, lieben und streiten, kurz ihre Lebenswelt gestalten. Damit das funktioniert, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen, architektonisch und politisch. Menschen brauchen die Möglichkeit sich ihre Stadt anzueignen, ihr Umfeld mitzugestalten. Die BewohnerInnen einer Stadt sind keine KundInnen sondern KoproduzentInnen dieses Lebensraumes. Das Vorhandensein der Räume und Möglichkeiten dazu ist die Voraussetzung für hohe Lebensqualität und dafür, dass die Menschen bleiben. Die Vermarktung und Verwertung der städtischen Zentren widerspricht dieser Anforderung.
In einer Broschüre zu Ernährungssouveränität, die demnächst erscheinen wird, habe ich einen Beitrag geschrieben (der durch die Überarbeitung der RedakteurInnen Franziskus Forster und Magdalena Heuwieser sehr gewonnen hat, danke!), was Ernährungssouveränität in der Stadt heißen kann. Dort heißt es:
„Die Stadt ist nicht nur gebaute Umwelt. Sie ist auch ein Erzeugnis des alltäglichen Lebens. Sie spiegelt die Abhängigkeiten, Ausgrenzungen und Ungerechtigkeiten, die das Leben kennzeichnen, und bringt diese mit hervor. Dies zu verändern ist für Ernährungssouveränität zentral. Die Kämpfe um Ernährungssouveränität in den Städten sind somit verbunden mit anderen Kämpfen. Denen gegen prekäre Arbeitsbedingungen und denen um die Aneignung des öffentlichen Raumes. Wer macht die neoliberale Stadt? Wer profitiert von ihr? Unter dem Motto „Recht auf Stadt“ stellen Menschen den Anspruch auf Mitgestaltung ihrer Lebenswelt, eignen sich Räume an, um sie für ihre Zwecke selbstverwaltet zu verwenden. Sie schaffen ‚urban commons‘.“
Für Kommunalpolitik geht es also nicht darum, Produkte zu verkaufen, sondern die Schaffung von Commons zu ermöglichen und zu unterstützen. Das macht gleichzeitig die Menschen unabhängiger von der Versorgung durch den Weltmarkt und daher die Stadt widerstansfähiger gegen globale Krisen, egal welcher Art. Mehr über Commons und Kommunalpolitik gibt es hier, auf dem Commonsblog und im Kommunalwiki der Heinrich Böll Stiftung.