Als ich einmal nach einer Wanderung in der Obersteiermark autostoppte, erzählte mir der Mann, der mich mitnahm, dass an dieser Ecke, wo ich gewartet hatte, früher, als noch wenige Menschen ein Auto hatten, sich die Menschen hinstellten, die in die Stadt wollten. Die Autofahrer, die vorbeikamen, wussten dann, dass sie auf eine Mitfahrgelegenheit warteten. Weil heute fast alle ein Auto haben, ist dieser Brauch in Vergessenheit geraten.
Anderswo lebt er wieder auf – als Antwort auf überfüllte und verstopfte Straßen, und zwar dort wo man es vielleicht am wenigsten erwarten würde – in US-Amerikanischen Großstädten wie Washington D.C., San Francisco oder Houston. Und es nennt sich dort „Slugging“, was soviel bedeutet, wie ein selbstorganisiertes „Ridesharing“-System, also AutofahrerInnen nehmen andere mit, die auch in die gleiche Richtung müssen. Die Menschen warten einfach an bestimmten Stellen, Autofahrer kommen hin, bleiben stehen, sagen, wo sie hinfahren und wenn andere in die gleiche Richtung wollen, nehmen sie sie mit. Warum sie das machen? Weil beide Vorteile davon haben.
Der Hintergrund ist folgender: Es gibt auf den Strecken, die Hauptpendlerrouten sind, eigene Fahrspuren, die für Busse reserviert sind, damit die auch zu Stauzeiten vorankommen. Vor einigen Jahren wurden nun diese Busspuren auch für vollbesetzte Personenautos geöffnet. Das heißt, wer nicht allein in seinem Auto sitzt, kommt schneller nach Hause. (Nachzulesen hier, leider alles nur in Englisch.) Eigentlich sehr schlau ausgedacht. Reduziert die Menge der Autos, die unterwegs sind, dadurch natürlich den Benzinverbrauch und Energieausstoß und motiviert Leute, zu kommunizieren und zu kooperieren. Nicht weil sie sich mögen, sondern einfach, weil der Vorteil der einen auch der Vorteil der anderen ist, so wie es für Commons typisch ist. Das ist auch in diesem Artikel gut beschrieben. Mit Egoismus hat das, meine ich, trotzdem nichts zu tun, sondern damit, wie man die Bedürfnisse der Menschen zueinander in Beziehung setzt. Wie im Marktsystem, so dass sie zueinander in Konkurrenz stehen, oder wie in Commons, wo die Befriedigung Bedürfnisse der einen die anderen bei deren Bedürfnisbefriedigung unterstützt. Den Menschen, die mitmachen, dürften solche Überlegungen allerdings ziemlich egal sein. Auf jeden Fall wird von der Möglichkeit reger Gebrauch gemacht und zur Feierabendzeit stehen viele Menschen an den vereinbarten Treffpunkten und warten auf Autofahrer, die nicht alleine im Stau stehen wollen.